Sprungziele

Sieben Jahrzehnte lang wurden weite Teile des Landschaftsbildes der  Kreise Steinburg und Rendsburg durch ein Bauwerk besonderer Art geprägt, ein Verkehrssystem, das sonst im Flachland kaum zu finden ist und trotzdem, so heißt es, einen deutschen Rekord aufstellte: als die längste Seilbahn Deutschlands. Es handelt sich um die  legendäre Agethorster Drahtseilbahn ("ADSB", auch "Alsensche Drahtseilbahn" genannt), die von 1908 bis zu ihrer endgültigen Stillegung im Jahr 1977 in 270 hängenden Loren täglich ca. 400ot Ton vom Agethorster "Seilbahnhof" 13,5 Kilometer weit nach Itzehoe transportierte, wo der in Agethorst und Umgebung abgebaute Ton in der Alsenschen Zementfabrik zu Zement

verarbeitet wurde (Genaueres siehe unten im Artikel aus dem "Heimatbuch des Kreises Rendsburg"). Die Trägermasten, die Schutzbrücken über den Straßen, die Tag und Nacht vorüberschwebenden Loren waren über Jahrzehnte Teil des Lebens in Agethorst und seinen Nachbardörfern (z.B. in Kaaks). Im Bereich der Straßen und Feldwege dienten Gerüste wie das oben abgebildete zum Einhängen der erforderlichen Netze für den Schutz der Bevölkerung. Auf dem Gelände des Tonabbaus ist seit dessen Beendigung eine Wald- und Seenlandschaft entstanden, die ein beliebtes Ziel für Wanderungen und Radtouren bildet.

Rechts im Bild: 
Betriebsleiter Schröder (1927)

Links:
Schilderung von Tonab- bau und Drahtseilbahnim 1922 erschienenen "Heimatbuch des Kreises Rendsburg" (zu dem Agethorst damals noch gehörte).

Aus der "Chronik von Wacken im Westerkrug" von Peter Martens (Wacken 1997):

"Das Familienunternehmen Alsen wuchs ... bereits zur Jahrhundertwende [1900] zu ansehnlicher Größe, wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und exportierte den Zement auch in das europäische Ausland. Wichtig für die spätere Entwicklung der Firma Alsen war der Kauf von zwei Bauernhöfen mit reichen Tonvorkommen  in Wacken im Jahre 1888. Durch spätere weitere Käufe   von   Ländereien   in   den   Gemarkungen Wacken, Agethorst und Nienbüttel wurden die Liegenschaften vergrößert und arrondiert. 
 
Mit dem Abbau im Westerkrug, der zunächst nur  auf Agethorster Gebiet erfolgte, konnte erst begonnen werden, nachdem eine Seilbahn in den Jahren 1907/08 von der Firma Adolf Bleichen und Co., Leipzig- Gohlis, gebaut worden war. Die Seilbahn brachte den Ton in kontinuierlichem Betrieb vom sogenannten Seilbahnhof über 13,5 km bis nach Itzehoe, wo am Bellerkrug die Entladestation war. Zunächst wurden Bagger und Seilbahn mit Dampf betrieben. Später wurden die Antriebe auf Strom, der von der Schleswag geliefert wurde, umgestellt.

Die Beschaffung des Tones aus Agethorst und Wacken für die Zementherstellung in Itzehoe hat in unserem Bereich vielen Menschen über etliche Jahrzehnte Lohn und Brot gegeben. Dabei war die Arbeit in der Tongrube keine leichte Tätigkeit. Trotzdem waren im 1. Weltkrieg auch Frauen in der Grube beschäftigt. Der Abbau des Tones erfolgte zunächst per Hand in Loren, die von Pferden auf Gleisen zur Verladestelle der Seilbahn gezogen wurden. Erst nach dem 1.Weltkrieg wurde ein Eimerkettenbagger mit einer Leistung von 100 t/Tag eingesetzt.
 
Die Agethorster Tongrube mußte des steigenden  Bedarfes wegen immer weiter ausgedehnt werden. Der obere Abraum wurde dabei auf Kippen zusammengefahren und später bepflanzt. Der Ton wurde innerhalb
der Grube in einzelnen Lagen durch den Bagger abgebaut. Mit der 4. Lage wurde eine Tiefe von ca. 40 m erreicht, wobei die größte Tiefe 55 m beträgt. Der große Bedarf an Ton brachte es mit sich, daß zeitweilig in 3 Schichten pro Tag gearbeitet werden mußte. Die starke Entnahme führte aber auch dazu, daß die Grube Agethorst nach etwa 55jährigem Betrieb ausgebeutet war. Sie mußte 1965 stillgelegt werden und füllte sich in der Folgezeit mit Wasser.

Die Grubenverwaltung und die Schmiede mit dem Magazin waren am westlichen Rand der Agethorster Tongrube in Gebäuden untergebracht, die auf Wackener Gebiet liegen. Damit war der Firmensitz die Gemeinde Wacken. .. Dieses wurde insbesondere bis 1962 von den Agethorstern - verständlicherweise - deshalb  ungern gesehen, weil der größte Teil der Gewerbesteuer nach Wacken floß. Noch 1991 - d.h. 26 Jahre nach dem Stillegen der Agethorster Grube - beklagte sich der Bürgermeister in einer Leserzuschrift über diese Ungerechtigkeit.

[1975] beschloß die Firma Alsen, die Tonförderung aus dem  Wackener   Raum   vollständig   einzustellen. Nachdem die Drahtseilbahn noch für eine kurze Zeit mit Ton aus dem Tonvorkommen Muldsberg bei Kleve beschickt wurde, fand am 10.5.77 die letzte Fahrt der Seilbahn statt. In der Folgezeit wurden die Masten der Seilbahn verschrottet. Damit war  das Ende eines industriellen Zeitabschnittes besiegelt, der ca. 70 Jahre lang die gesellschaftliche Struktur unserer Dörfer mitgeprägt hat."

Ehemalige Agethorster Tongrube im 2013

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